Begriffsklärung
Eine Kündigung ist eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, dass er das bestehende Arbeitsverhältnis beenden will. Man unterscheidet nach den Kündigungsgründen zwischen personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Kündigung.
Form der Kündigung
§ 623 BGB bestimmt das Schrifterfordernis für die Kündigung. Dieses Erfordernis ist nur gewahrt, wenn der Arbeitgeber oder sein Vertreter das Kündigungsschreiben eigenhändig unterschreibt. Falls ein Vertreter die Erklärung unterzeichnet, muss das Vertretungsverhältnis in der Urkunde deutlich zum Ausdruck kommen (z.B. „i.V.“ – in Vertretung)
Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer
Eine Kündigung ist nur rechtswirksam, wenn sie dem Empfänger zugegangen ist. Eine schriftliche Kündigung geht erst zu, wenn sie so in den Einflussbereich des Arbeitnehmers gelangt ist, dass er unter normalen Verhältnissen von ihr Kenntnis nehmen kann. Bei Aushändigung eines Kündigungsschreibens ist die Kündigung mit der Übergabe zugegangen, bei Einwurf in den Briefkasten oder das Postfach in dem Moment, in dem der Briefkasten oder das Postfach üblicherweise geleert wird. wird. Einschreibebriefe gehen erst mit der Aushändigung durch die Post zu, also noch nicht, wenn ein Benachrichtigungsschein in den Briefkasten geworfen wird mit der Aufforderung, den Einschreibebrief beim Postamt abzuholen. Somit kann sich der Zugang der Kündigung mit Einschreiben erheblich verzögern. Auch kann eine Kündigung dem Arbeitnehmer zugehen, wenn er arbeitsunfähig krank ist.
Inhalt der Kündigung
Damit die Kündigung ihre Rechtswirksamkeit entfalten kann, muss sie eindeutig und bestimmt auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet sein. Der Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis enden soll, muss eindeutig angegeben sein.
Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits
In seinem Urteil (BAG, Urteil vom 27.02.1985, GS 1/84) hat der BAG entschieden, dass der gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus (oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses immer dann, wenn die Kündigung nach Feststellung des Gerichts unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Bis zum Urteil in erster Instanz hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung, falls die Kündigung nicht offensichtlich unwirksam ist.
Personenbedingte Kündigung
Personenbedingt ist eine Kündigung dann, wenn in der Person des Arbeitnehmers objektiv Gründe vorliegen, ohne dass dies dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich vorgeworfen werden könnte (Bsp: fehlende Fähigkeiten und Eignung, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen). Es handelt sich dabei um Kündigungsgründe, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, wofür dieses aber nichts kann (Abgrenzung zur verhaltensbedingten Kündigung). Deshalb entfällt ein Fällen der personenbedingten Kündigung das Erfordernis der Abmahnung. Nach dem geltenden Ultima-ratio-Prinzip ist die Kündigung nur als äußerstes Mittel in Betracht zu ziehen. Darauf ist also nur zurückzugreifen, wenn keine andere Möglichkeit zu einer anderweitigen Beschäftigung, unter Umständen auch mit schlechteren Arbeitsbedingungen besteht. Besondere Funktion kommt der Interessenabwägung zu. Dabei ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber die Störung im Arbeitsverhältnis billigerweise hinnehmen muss oder ob die Kündigung aus der Sicht eines verständigen Arbeitgebers als billigenswert und angemessen erscheint. Außer der Krankheit kommen nach dem nicht abschließenden Katalog der Rechtssprechung auch folgende Gründe in Betracht: Fehlende Arbeitserlaubnis, Führerscheinentzug (bei Arbeitnehmern, die die geschuldete Leistung ohne den Führerschein nicht erbringen können), Verbüßen eine Freiheitsstrafe, fehlende oder mangelhafte körperliche oder geistige Eignung.
Verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die objektiv eine Kündigung als angemessen erscheinen lassen. Im Rahmen der Interessenabwägung muss geprüft werden,ob das Verhalten geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen. Bei Verstößen gegen Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag ist dies der Fall. Zudem muss die Pflichtverletzung so gravierend sein, dass die Kündigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt ist. In folgenden Fällen kann eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein, obwohl die einzelnen individuellen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beachtet werden müssen: Straftaten des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber (Bsp. Bienenstichfall. BAG, Urteil vom 17.05.1984, 2 AZR 3/83, in NJW 1985, 284), Arbeitsverweigerung, wiederholtes unentschuldigtes Fehlen oder Zuspätkommen, Verstöße gegen betriebliches Alkoholverbot, eigenmächtiger Urlaubsantritt oder auch Überziehen des zustehenden Urlaubs. Jedoch ist in allen Fällen eine Abmahnung erforderlich. Ausnahmen davon gelten, wenn
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das Vertrauen zwischen den Parteien durch das Fehlverhalten nachhaltig und dauerhaft gestört ist,
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die Abmahnung von vornherein als aussichtslos angesehen werden muss oder
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wenn eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, dass deren Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war.
Dann kann auch eine Abmahnung entbehrlich sein. Dem Arbeitgeber steht dann die Möglichkeit offen, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen.
Betriebsbedingte Kündigung
Der Arbeitgeber kann das bestehende Arbeitsverhältnis auch aus dringenden betrieblichen Gründen kündigen. Dabei kann es sich um inner- oder außerbetriebliche Gründe handeln, die zur Folge haben, dass ein oder mehrere Arbeitsplätze entfallen. In seiner unternehmerischen Entscheidung, Arbeitsplätze zu kürzen, ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Liegen tatsächlich solche betrieblichen Gründe vor, hat der Arbeitgeber eine Sozialauswahl zwischen den Arbeitnehmern zu treffen, die für eine Kündigung in Betracht kommen. Die Ordnungsmäßigkeit der Sozialauswahl ist ihre Wirksamkeitsvoraussetzung. Der gekündigte Arbeitnehmer kann gemäß § 4 S. 1 KSchG kann innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen, wenn er die soziale Ungerechtfertigkeit der betriebsbedingten Kündigung geltend machen will. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG trägt er dafür die Beweislast. Bei der Sozialauswahl hat der Arbeitgeber folgende Kriterien zu prüfen:
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Lebensalter des Arbeitnehmers
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Betriebszugehörigkeit
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bestehende Unterhaltspflichten
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Schwerbehinderung
Wobei alle Kriterien von gleichem Gewicht sind, sodass keine Vorrang hat. Das hohe Lebensalter kann aber allein nicht für die soziale Schutzwürdigkeit eines Arbeitnehmers sprechen, da der gesetzliche Rentenanspruch mit zunehmenden Alter nahe kommt. In einem Kündigungschutzprozess prüft das Arbeitsgericht die Sozialauswahl auf grobe Fehlerhaftigkeit. Verzichtet der Arbeitnehmer hingegen auf eine Kündigungsschutzklage, so steht ihm gemäß § 1a Abs. 1 KSchG ein Anspruch auf Abfindung zu.
Beispiel für Sozialauswahl:
Vergleichskriterium |
A |
B |
Lebensalter |
35 |
55 |
Betriebszugehörigkeit |
2 Jahre |
2,5 Jahre |
Unterhaltspflichten |
5 minderjährige Kinder |
Tägliche Pflege seiner schwerstkranken Schwester; gerichtlicher und außergerichtlicher Betreuer. |
Schwerbehinderung |
Nein |
Ja (Gleichstellung) |
Für die soziale Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmer B spricht, dass er 20 Jahre älter und ½ Jahre länger im Betrieb ist, als Arbeitnehmer A. Jedoch sind die Unterhaltspflichten des A von 4 minderjährigen Kindern zu berücksichtigen. B hingegen hat keine Kinder im unterhaltsberechtigten Alter. Jedoch kümmert sich B um seine pflegebedürftige Schwester. Er ist auch ihr gerichtlicher und außergerichtlicher Betreuer. Es kommt nicht auf die nummerische Anzahl von unterhaltsberechtigten Personen an, sondern auf die tatsächliche Schwere und Intensität der mit dem Unterhalt/ Pflege verbundenen Pflichten (tägliche Körperpflege, Einkaufsbesorgungen, mit der pflegebedürftigen Person spazieren gehen, helfen beim Anziehen etc.). Unter der Berücksichtigung der Pflegebedürftigkeit der Schwester des B und seiner bestehenden Schwerbehinderung ist B sozial schutzwürdiger als A, sodass A vorrangig gekündigt werden müsste.